Interview mit Markus Beckedahl

Bundestagswahlkampf & soziale Medien

Foto von Markus Beckedahl
Bild: mabb

Der Bundestagswahlkampf geht in seine finale Phase. Wir haben mit Markus Beckedahl, Mitgründer der re:publica und vor gut zehn Jahren Preisträger im Rahmen des Grimme Online Award für netzpolitik.org, über Politikberichterstattung, Wahlmanipulationen, soziale Medien und Perspektiven für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gesprochen.

Viel ist vor diesem Wahljahr darüber geschrieben worden, dass technische Möglichkeiten – wie etwa Deepfakes mittels KI – Wahlen beeinflussen könnten. Mittlerweile liest und hört man dazu aber wenig. Sind diese Gefahren überschätzt worden? „Kurzfristig sind sie überschätzt worden, langfristig müssen wir uns Sorgen machen“, so Beckedahl. Denn alles, was technisch möglich sei, werde von „einigen politischen Akteuren“ missbraucht, um sich einen eigenen ideologischen Vorteil zu verschaffen.

Stellt sich die Frage, wie wichtig die Rolle sozialer Medien wie TikTok, Snapchat und Instagram für die politische Meinungsbildung generell ist? „Die großen Plattformen sind neue Öffentlichkeiten“, so der re:publica-Mitgründer weiter, „wo sich auch politische Inhalte verbreiten und ein Massenpublikum erreichen können. Vor allem jüngere Zielgruppen sind dort erreichbar. Allerdings besteht unsere Wählerschaft vor allem aus älteren Menschen, die nutzen immer noch mehr das Fernsehen oder aber sie erreichen Inhalte vieler Art über WhatsApp.“

Wie sind vor diesem Hintergrund die Bemühungen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten einzuschätzen, über TikTok, Snapchat und Instagram jüngere Zielgruppen auch bezüglich politischer Themen zu erreichen? Beckedahl weiter: „Öffentlich-rechtliche Anstalten stehen vor der Herausforderung, dass nicht mehr alle Bürger*innen Fernsehen oder Radio schauen. Der ÖRR muss also auch dort aktiv werden, wo Menschen sind, und die sind immer mehr auf den privatisierten Öffentlichkeiten der Sozialen Medien aktiv.“

Gleichzeitig mahnt er an: „Als öffentlich-rechtliches Medium sollte und müsste man sich auch Gedanken machen, wie man das Fediverse mit Plattformen wie Mastodon nutzen und stärken kann. Es sollte zur Selbstverpflichtung des ÖRR gehören, Alternativen zu den überwachungskapitalistischen dominanten Plattformen mit den eigenen Inhalten zu fördern, damit wir morgen mehr Wahlfreiheit haben.“